Förderung der Lehrerinnen- und Lehrerbildung in der Schweiz

Die Aebli-Näf Stiftung fördert die Aus- und Weiterbildung von Lehrerbildnerinnen und Lehrerbildnern in der Schweiz. Sie verdankt ihr Entstehen dem 1990 in Burgdorf verstorbenen Psychologieprofessor Hans Aebli sowie dessen Ehefrau Verena Aebli-Näf und deren Familie. weiter


Aktuelles

Auf die Lehrperson kommt es an –
Die psychologische Didaktik Hans Aeblis aus heutiger Sicht

Wir freuen uns, die Videodokumentation der Tagung zum 100. Geburtstag von Hans Aebli vom 10.11.2023 in Bern unter diesem Link zugänglich zu machen. 

Ebenfalls kann eine vollständige Bibliografie der Werke von Hans Aebli hier heruntergeladen werden.


Erfolgreich geförderte Projekte

Ein weiteres erfolgreich abgeschlossenes und verteidigtes Dissertationsvorhaben wird vorgestellt. Die geförderten Projekte zeigen das breite Spektrum thematischer Möglichkeiten.

Dr. Anna Carina Locher

Wissen und Können zur Planung und Durchführung von (ko-)konstruktivistischem, kompetenzorientiertem und adaptivem Unterricht. Eine Interventionsstudie mit angehenden und erfahrenen Lehrpersonen der Primarstufe.

Ausgearbeitet wurde die Dissertation im SNF-Projekt 100019 153013 «Videobasierte Förderung konstruktivistischer und kompetenzorientierter Lehrkompetenz bei angehenden und erfahrenen Lehrpersonen – eine doppelte Intervention» (KoKoLeK) (Leitung Prof. Dr. Matthias Baer / Dr. Miriam Kocher). Die Intervention erstreckte sich über drei Semester. Mit angehenden Lehrpersonen des Studiengangs Primarstufe der Pädagogischen Hochschule Zürich und Praxislehrpersonen, welche diese im 14-wöchigen Langzeitpraktikum im 4. Semester in ihren Klassen betreuen, sollte – eingebettet im Angebot-Nutzungs-Modell schulischer Lehr- und Lernprozesse – ein Beitrag geleistet werden hin zu (ko-)konstruktivistischem, kompetenzorientiertem Unterrichten im Schulalltag unter Berücksichtigung der Heterogenität der Lernenden, die durch problembasierte Aktivierung zu (möglichst) eigenständigem Lernen befähigt werden.

In der Dissertation wurde die Entwicklung des Wissens über das Planen von Unterricht während der doppelten Intervention ermittelt und mit der Beurteilung der Qualität von auf Video aufgezeichneten Deutschstunden in Verbindung gesetzt, welche die Teilnehmenden der zwei Interventionsgruppen erteilt hatten. Angehende Lehrpersonen der Primarstufe (IG I; N=41) und Praxislehrpersonen (IG II; N=10) sollten dem genannten Lehr- und Lernverständnis entsprechend unterrichtliches Planungswissen und Können aufbauen bzw. weiterentwickeln. Die Intervention mit IG II erfolgte in verkürzter und verdichteter Form zeitlich kurz vor jener mit IG I. Die beiden Kontrollgruppen bestanden aus angehenden Lehrpersonen desselben Studienjahrgangs, welche die bestehende berufspraktische Ausbildung durchliefen (KG I; N=15), und Praxislehrpersonen ohne Interventionsteilnahme (KG II; N=8).

Theoretische Grundlage

Der doppelten Intervention dienten als theoretische Grundlage das konstruktivistische und kompetenzorientierte Lehr-, Lern- und Planungsverständnis gemäss Unterrichtsmodell KoKoLeK (Baer et al, 2021) und die fünf Dimensionen von Unterrichtsqualität, die basierend auf Schoenfeld (2014) formuliert worden waren (Baer et al., 2021):

  1. Fachkompetenz: Erwerb von Wissen und Können (vorliegend im Fach Deutsch)
  2. Kognitive Aktivierung
  3. Adaptivität im Lehr- und Lernangebot
  4. Beteiligung und Eigenständigkeit der Lernenden
  5. Rückmeldungen zum Erwerb von Fachkompetenz und Reflexion für den Erwerb von überfachlicher Kompetenz

Für die Dissertation wurden sie mit Dimension (6) Klassenführung ergänzt. Die Studierenden von IG I und die Praxislehrpersonen von IG II lernten Unterricht gemäss diesen Grundlagen zu planen, durchzuführen und zu beurteilen und damit konformes Unterrichtsplanungswissen aufzubauen bzw. weiterzuentwickeln. Gestützt auf die Grundlagen lernten sie während der doppelten Intervention, selbst erteilte Deutschstunden, die bei IG I zu vier (t1-t4), bei IG II zu zwei (t1-t2) Zeitpunkten videografiert worden waren, auf ihre Qualität hin zu beurteilen (IG I: t1 = Beginn 3. Semester, t2 = Anfang, t3 = Ende des Langzeitpraktikums im 4. Semester, t4 = Lernvikariat anschliessend an 5. Semester; IG II: t1 = Beginn, t2 = Ende der Intervention). Mit dem Beurteilen der Unterrichtsqualität einher ging, eigenes Unterrichtsplanungswissen aufzubauen bzw. weiterzuentwickeln.

Verbindung von Theorie und Praxis im Third Space

Bei jedem der Zeitpunkte wurden individuell Schlussfolgerungen gezogen, inwieweit die angestrebten Entwicklungen beim Wissen und Können stattgefunden oder noch nicht stattgefunden hatten, d.h. in der weiteren Zeit der Intervention weiter zu fokussieren waren. Gestützt auf die mit ihnen durchgeführte Intervention unterstützten die Praxislehrpersonen von IG II die angehenden Lehrpersonen von IG I während des Langzeitpraktikums individuell darin, die gegebenen Entwicklungsziele zu erreichen.

Dabei zentral war der «Third Space» (Gut, Moroni, Niggli & Bertschy, 2014): Abgestimmt aufeinander sollten die angehenden Lehrpersonen von IG I, die Praxislehrperson von IG II und die Dozierenden seitens der “theoretischen Ausbildung” an der Hochschule, welche im Semester vor dem Langzeitpraktikum die Grundlagen vermittelt hatten, im Langzeitpraktikum auf das Planen, Durchführen und Beurteilen von Unterricht im dargestellten Sinn hinarbeiten (shared beliefs; Steinmann et al., 2014).

Tools

Diese explizite Verbindung von Theorie und Praxis wurde mit drei Tools unterstützt. Projektseitig ausgearbeitet, kamen sie im Langzeitpraktikum bei der Zusammenarbeit zum Planen, Durchführen und Beurteilen von Deutschstunden von angehender Lehrperson und Praxislehrperson zum Einsatz:

  • Tool Lernaufgaben zur Beurteilung unterschiedlich anspruchsvoller Lernaufgaben für Adaptivität im Unterricht,
  • Tool Spidergraph für die Planung von Unterricht und zur Beurteilung von durchgeführtem Unterricht,
  • Tool Diagnose des kompetenzorientierten Lernens durch die Schüler:innen zur Ermittlung ihrer Nutzung des unterrichtlichen Angebots und für Schlussfolgerungen für die Planung von weiterführendem Unterricht.

Auch KG I arbeitete u.a. mit Videoaufnahmen von Unterricht. Gegenüber IG I und IG II waren es jedoch keine Aufnahmen von selbst erteilten Stunden und die Arbeit mit ihnen erfolgte nicht derart individuell, explizit zielbezogen und gezielt unterstützt durch Praxislehrperson und Dozent/in der Hochschule wie bei IG I.

Ergebnisse der doppelten Intervention

Zur Ermittlung des Interventionserfolg wurde das Planungswissens (zu t1-t4 bei IG I / KG I, zu t1 und t2 bei IG II / KG II) mit Vignetten erhoben und anschliessend analysiert (Kodierung). Die Qualität des Unterrichts wurde für die gleichen Zeitpunkte anhand der videografierten Deutschstunden beurteilt (Rating). Für den Vergleich waren auch mit den beiden Kontrollgruppen zu denseben Zeitpunkten selbst erteilte Deutschstunden videografiert worden. Die Ergebnisse der längs- und querschnittlichen Vergleiche zeigen, dass die doppelte Intervention in Bezug auf die Qualität des Unterrichts wirksamer war als die bestehende berufspraktische Ausbildung. Sie zeigen jedoch auch eine Abnahme des mit den Vignetten verschriftlicht zum Ausdruck zu bringenden Wissens zum Planen von Unterricht, worauf in der abschliessenden Diskussion eingegangen wird.