Zitate: Lehrerinnen und Lehrer und ihre Aufgabe

«Der Lehrer sieht den Schüler vor dem neuen Gegenstand. Er weiss, was es daran festzustellen gibt. Aber nicht nur das. Als Pädagoge weiss er auch, auf welche Weise der Schüler Erkenntnis selber gewinnen kann. Er teilt ihm daher nicht das fertige Ergebnis mit, sondern leitet ihn zum Vollzug der Erkenntnisakte an, von denen er weiss, dass sie zum gewünschten Ergebnis führen (1961a, 142).

«Ein Lehrer muss mit dem Leben verbunden sein. "Er darf keine Kümmerform eines Menschen sein. Er muss ein Mensch von Fleisch und Blut, kein weltfremder Grübler sein. Er muss seinen Schülern etwas zu erzählen wissen - auch ausserhalb der Lektion, die er gerade abhandelt - weil er fähig ist zu erleben» (1989f, 5).

«Es herrscht die irrige Meinung, dass derjenige der den Stoff beherrscht, auch unterrichten könne» (1982a, 111).

«Die Lehrer» (und Lehrerinnen; Aebli Näf Stiftung) aller Stufen sollten genaue Kenntnis der psychologischen Bedingungen des Verhaltens und Lernens besitzen. Besonders wichtig sind in diesem Zusammenhang die Psychologie der kognitiven Verhaltensweisen, die Theorie der höheren Lernprozesse und der Leistungs- und Lernmotivation sowie die Theorie und Praxis der Leistungsprüfung (im heutigen Wortlaut: diagnostische Kompetenzen; Aebli Näf Stiftung)» (1968b, 188).

«John DEWEY (1916) hat in ‚Demokratie und Erziehung' der Schule die Aufgabe erteilt, in einer vereinfachten, sozial ausbalancierten Umwelt die Erfahrung der kommenden Generation zu formen, denn ‚mitteilen' könne man die Erfahrung nicht. Für das Lehren bedeute das, die Schüler zu selbständiger Erfahrung anzuleiten, anstatt ihnen Theorien zu vermitteln» (1986d, 306).

«Aufbauprozesse geschehen nicht einfach. Sie bedürfen der Auslösung und Steuerung durch Menschen, welche das Endprodukt kennen und zu ihm hinzuführen wissen» (1969, 76/77).

«Der denkende und lernende Mensch ist kein Robinson, er ist auch kein Max WEBERscher Protestant, der sich in Einsamkeit über seine Bewährung vor Gott (...) befragt. Er kann auf die Hilfe der Menschen zählen, die mehr wissen als er. Ich habe in meiner protestantisch-aufklärerisch-liberalen Vergangenheit so viel einsames Suchen und Arbeiten gesehen, dass mir die Einsicht in das mittelalterlich-katholische Denken und Philosophieren und die in diesem lebendige Idee der Angewiesenheit des Menschen auf Stützung und Hilfe, und die Idee einer Autorität, die willens und fähig ist, Halt und Hilfe zu vermitteln, eines Tages als notwendiges Korrelat zum ROUSSEAUschen Selberdenken, Selbersuchen und Selbererfinden erschienen ist» (1981a, 372).

«Wir deuten Entwicklungen als die Summe der Lernprozesse des Kindes, und wir behaupten, dass von seiner sozialen Umwelt, insbesondere der Familie, aber auch von der Schule wichtige Anstösse zur Entwicklung ausgehen. Erziehungspersonen verfügen über Techniken, die im Kind Lernprozesse auslösen, die sich aufgrund seiner spontanen Aktivitäten nie ereignen würden. Wichtige Mechanismen in dieser bewussten Lenkung des kindlichen Lernens besteht im Angebot strukturierter Verhaltensvorbilder, die das Kind aufgrund seines Tätigkeitsdranges nachahmt» (1983a, 391).

«So sehen wir einen wesentlichen Teil der scheinbar spontanen Entwicklung des Kindes durch die Interaktion mit Erwachsenen im Alltag angeregt und gesteuert. Wenn diese Anregung fehlt, entwickelt das Kind die Symptome der kulturellen Deprivation, und seine Entwicklung leidet darunter. Zwischen den erzieherischen Wirkungen in der Familie und der Schule bestehen blosse Gradunterschiede. Die Auslösung und Lenkung der Lernprozesse geschieht in der Schule systematischer als in der Familie und im übrigen ausserschulischen Alltag. Das schulische Lernen schreitet rasch vorwärts, allerdings um den Preis vieler Risiken. Allzu häufig bleiben die Ergebnisse blosse Worthülsen ohne tiefere Verankerung im Verhalten und ebenso häufig fehlt die Konsolidierung durch vielfältige Übung und Anwendung. Daher zerfallen die in der Schule erworbenen Reaktionen häufig auch rasch. Die Ergebnisse des Lernens im Alltag sind dagegen in der Regel tausendfach geübt und angewendet und daher tief im gesamten Verhalten verankert. Anderseits sind die einzelnen Erkenntnisse hier häufig isoliert und wenig systematisch verknüpft» (1983a, 391/392).

«Man erkennt, dass diese Auffassung von Erziehung die Kultur und die Gesellschaft, in der das Kind aufwächst und geschult wird, und die Sprache, in der es ihre gemeinsamen Erkenntnisse formuliert, sehr ernst nimmt. Es gibt für das Kind keine Möglichkeit, erwachsen und reif zuwerden, ohne die erziehliche Hilfe von Menschen, die ihm die Handlungs- und Denkformen, die Gestimmtheiten und die Ausrichtungen in einer erwachsenen und reifen Form vorlegen und die ihm helfen, die entsprechenden Ordnungen in seinem eigenen Denken, Handeln und Erleben aufzubauen. Wachsenlassen ist keine Alternative» (1983a, 392).

«Jeder geistige Akt baut sich progressiv auf, ausgehend von früheren und einfacheren Reaktionsweisen, Jede Operation hat ihre Geschichte. Bei der Entwicklung des kindlichen Denkens kann man beobachten, wie sich die Operationen, ausgehend von einfachen Handlungsschemata, mehr und mehr differenzieren, um immer komplexere und beweglichere Systeme herauszubilden, die schliesslich fähig sind, das ganze Universum zu deuten. Die Aufgabe des Lehrers besteht folglich darin, für ein Kind psychologische Situationen zu schaffen, in denen es die Operationen aufbauen kann, die es sich aneignen soll. Der Lehrer muss die früheren Schemata aufgreifen, über die das Kind bereits verfügt, und von diesen aus die neue Operation entwickeln. Er muss das dieser geistigen Aktivität angepasste Material liefern und darüber wachen, dass die neue Operation in der erstrebten Richtung gesucht wird» (1951/1976, 88).

«Der Versuch, die Begriffsbildung beim Kinde ständig straff zu leiten, kann nicht zu befriedigenden Ergebnissen führen. Wir müssen dem Kind eine grössere Freiheit zur Entwicklung seines Denkens lassen. Diese Forderung ist dann erfüllt, wenn der Schüler dazu gebracht wird, dass er durch eigenes Forschen und Suchen seine Begriffe und Operationen selbst aufbaut. Das Forschen ist in der Tat jene geistige Aktivität, die eine neue Reaktion zu entwickeln sucht. Das erste didaktische Problem, das wir zu lösen haben, wird sein, genau zu bestimmen, wie das eigene Forschen des Kindes erst angeregt, sodann auf das gewünschte Ziel hin ausgerichtet werden kann» (1951/1976, 90).

«Welchen Vorteil bringt es, die Aufgabe in praktischer Form zu stellen? Das Beispiel, bei dem der 'Grasertrag' zweier Felder verglichen wird, gestattet eine erste Feststellung. Oft muss der Lehrer, um sich überhaupt verständlich zu machen, die Aufgabe in dieser Form stellen. Da das Kind den neuen Begriff noch nicht gebildet hat, versteht es die abstrakte Formulierung der Aufgabe 'Flächen zu vergleichen' einfach nicht. Aber selbst, wenn der bisherige Unterricht die notwendigen Begriffe bereits erarbeitet hat, so dass der Schüler eine in die allgemeine Form gebrachte Aufgabe versteht, ist es doch von Vorteil, wenn man die Aufgabe praktisch stellt. Damit gibt man auch all den Schülern eine Chance, die sich die früheren schulischen Begriffe schlecht angeeignet haben und unfähig sind, der neuen Entwicklung zu folgen, wenn man nur an allgemeine Ausdrücke appelliert. Weiter verhindert die praktische Problemstellung, dass man schon am Anfang einer Unterrichtseinheit ein spezielles Zeichensystem verwenden muss. Das erste Flächenmass ist nicht der 'Quadratmeter', sondern einfach eine kleine Wiese, die man auf der zu vergleichenden Fläche» (auf einem Plan) abträgt. Der Umfang ist ein Gartenzaun oder der Rahmen eines Gemäldes u.a. Nach und nach wird erst der wissenschaftliche Spezialausdruck die von den Schülern selbst gefundenen konkreten Bezeichnungen ersetzen. Schliesslich schafft die Problemstellung in Form praktischer Handlungsschemata von vorneherein Beziehungen zwischen der neuen Operation und ihren Verwendungsgebieten im täglichen Leben. So kennt das Kind die Möglichkeit praktischer Anwendung, und das Interesse, das die Dinge des praktischen Lebens in ihm erwecken, überträgt sich auf das Schulproblem. Ich brauche nicht zu betonen, welche Rolle das Interesse des Kindes in der Entwicklung seines Denkens spielt» (1951/1976, 97).

«Nach Ablauf des freien Suchens müssen die Gruppen oder die einzeln arbeitenden Schüler stets über die Ergebnisse berichten, und nun hat der Lehrer Gelegenheit, sich einzuschalten, indem er die gefundenen Daten berichtigt und ergänzt. Diese Berichte, welche der Lehrer überprüft, sind von grosser Wichtigkeit, weil die schwachen oder an der Arbeit wenig interessierten Schüler im Laufe des freien Suchens oft nicht zum gewünschten Ergebnis kommen. Die Referate ihrer Kameraden und die Ergänzungen des Lehrers helfen ihnen dann, wieder nachzukommen» (1951/1976, 99/100).

«Wo ein guter Lehrer am Werk ist, wird die Welt ein bisschen besser» (1983d, 3-13).

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