Zitate: Handeln und Denken

«Das Denken wird (...) im Zusammenhang mit einem Handeln gesehen. Die enge Beziehung, die zwischen diesen beiden Formen der Aktivität besteht, zeigt sich am Anfang und am Ende des Denkaktes. Der Mensch wird zum Nachdenken angeregt, wenn er eine Tätigkeit ausübt und in Schwierigkeiten gerät, falls im Laufe dieser Tätigkeit ein Zweifel oder eine Alternative vor ihm auftaucht» (1951/1976, 35/36).

«Beim kleinen Kind dominiert das Handeln über das Denken. Das Kind interessiert sich nicht für die Beziehung zwischen den Dingen als solchen, sondern für die konkreten Ergebnisse des Tuns. Im Laufe der Entwicklung wird jedoch im Handeln des Kindes der Erkenntnisanteil immer wichtiger. Das Nachdenken strebt einer logischen Ordnung zu, die immer systematischer und zusammenhängender wird. Ob es in der praktischen Anwendung erfolgreich ist oder nicht, lässt sich durch geeignete Versuche nachweisen. Ein reicheres und beweglicheres System von Symbolen gestattet ausgedehntere Verallgemeinerungen. Am Ende dieser Entwicklung des Denkens stehen die in sich zusammenhängenden und überprüften intellektuellen Systeme, die wir Wissenschaft nennen» (1951/1976, 37).

«Wir betrachten das Handeln als die erste und ursprüngliche Form der Erfahrungsbildung und das Handlungswissen als das erste und ursprüngliche Wissen des Menschen. Man kann unsere Psychologie und die damit zusammenhängende Didaktik daher als pragmatisch, nämlich dem Pragmatismus nahestehend, bezeichnen. Denn es war ja die Grundthese der pragmatischen Philosophen und Pädagogen William JAMES (1907) und John DEWEY (1916), dass das geistige Leben mit der Handlung einsetzt, seine Wahrheit eine Wahrheit der Bewährung in der Praxis ist, und dass es ihr letztlich wieder zu dienen habe» (1983a, 386).

«Welchen Vorteil bringt es, die Aufgabe in praktischer Form zu stellen? Das Beispiel, bei dem der 'Grasertrag' zweier Felder verglichen wird, gestattet eine erste Feststellung. Oft muss der Lehrer, um sich überhaupt verständlich zu machen, die Aufgabe in dieser Form stellen. Da das Kind den neuen Begriff noch nicht gebildet hat, versteht es die abstrakte Formulierung der Aufgabe 'Flächen zu vergleichen' einfach nicht. Aber selbst, wenn der bisherige Unterricht die notwendigen Begriffe bereits erarbeitet hat, so dass der Schüler eine in die allgemeine Form gebrachte Aufgabe versteht, ist es doch von Vorteil, wenn man die Aufgabe praktisch stellt. Damit gibt man auch all den Schülern eine Chance, die sich die früheren schulischen Begriffe schlecht angeeignet haben und unfähig sind, der neuen Entwicklung zu folgen, wenn man nur an allgemeine Ausdrücke appelliert. Weiter verhindert die praktische Problemstellung, dass man schon am Anfang einer Unterrichtseinheit ein spezielles Zeichensystem verwenden muss. Das erste Flächenmass ist nicht der 'Quadratmeter', sondern einfach eine kleine Wiese, die man auf der zu vergleichenden Fläche (auf einem Plan) abträgt. Der Umfang ist ein Gartenzaun oder der Rahmen eines Gemäldes u.a. Nach und nach wird erst der wissenschaftliche Spezialausdruck die von den Schülern selbst gefundenen konkreten Bezeichnungen ersetzen. Schliesslich schafft die Problemstellung in Form praktischer Handlungsschemata von vorneherein Beziehungen zwischen der neuen Operation und ihren Verwendungsgebieten im täglichen Leben. So kennt das Kind die Möglichkeit praktischer Anwendung, und das Interesse, das die Dinge des praktischen Lebens in ihm erwecken, überträgt sich auf das Schulproblem. Ich brauche nicht zu betonen, welche Rolle das Interesse des Kindes in der Entwicklung seines Denkens spielt» (1951/1976, 97).

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